Die SPD Gera hat sich kurzfristig mit den am Freitag von der Stadtverwaltung zur Verfügung gestellten Haushaltsvorlagen beschäftigt. “Eine Aufnahme, Diskussion und Bewertung der zusammen fast 600 Seiten umfassenden Unterlagen in weniger als zehn Tagen ist seriös unmöglich. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die Reichweite der Kürzungsvorschläge“, stellt Kreisvorsitzender Tilo Wetzel fest. Die Stadtverwaltung habe mit Unterstützung eines Beraters mehrere Monate gebraucht, um die Vorlagen zu erarbeiten. Die ehrenamtlichen Stadtratsmitglieder sollen sich nun in kurzer Zeit zu den Sparvorschlägen positionieren. „So ist weder eine ernsthafte Beteiligung der Stadtratsmitglieder noch der Bevölkerung möglich.“
Gera leide in doppelter Hinsicht unter strukturellen Problemen, allerdings sei der Umgang mit diesen sehr unterschiedlich. „Es gibt in Thüringen, aber auch bundesweit eine strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen. Damit steigt die Abhängigkeit von Fördermitteln. Diese werden vor allem von finanzstarken Kommunen genutzt, weil sie Eigenanteile aufbringen können. Die Schere zwischen finanzstarken und finanzarmen Kommunen geht so immer weiter auseinander“, sagte die stellvertretende Vorsitzende Melanie Siebelist. Sie erinnert an die Position des Thüringer Gemeinde- und Städtebundes. Dieser fordere eine bessere Finanzausstattung der Kommunen, weil viele Gemeinden finanziell nicht mehr handlungsfähig seien. „Deshalb halten wir die Aussage, Gera habe in der Vergangenheit über seine Verhältnisse gelebt, für falsch“, so Siebelist. Gera müsse als drittgrößte Thüringer Stadt auch den Anspruch haben, seinen Bürgern ein urbanes Leben anzubieten und entsprechende Standards zu halten.
Trotzdem sei die Geraer SPD bereit, überhöhte Ausgaben, so es sie gäbe, zu hinterfragen. Ziel der SPD sei es, dass Gera perspektivisch finanziell handlungsfähig wird. Schon 2011 hatte die SPD-geführte Stadtverwaltung Einsparungen in Höhe von 14 Millionen Euro durch Einnahmeerhöhungen und Ausgabenkürzungen umgesetzt. Die SPD erinnert daran, dass die CDU-Fraktion damals dem Haushalt unter anderem mit Verweis auf die Erhöhung der Grundsteuer B auf 490 % abgelehnt hatte. Diese soll nun auf 650 % erhöht werden. „Es gibt auch Grenzen für Sparbemühungen. Was der Stadt jetzt zugemutet wird, gefährdet unserer ersten Einschätzung nach die kommunale Daseinsvorsorge“, so Wetzel. So könne von einem gemäßigten Sparkurs mit Augenmaß keine Rede mehr sein. Die SPD hatte stets Wert darauf gelegt, so zu sparen, dass trotz Sparzwang keine Einrichtungen komplett geschlossen werden müssen.
An der Vorgehensweise der Oberbürgermeisterin wird kritisiert, sie habe ohne Fortführung wichtiger Konsolidierungsbemühungen zahlreiche Neueinstellungen allein im ersten Halbjahr 2013 vorgenommen, den Finanzdezernenten von seinen Aufgaben entbunden und die Stadtwerke öffentlich in Misskredit gebracht. Dadurch hätten sich die Haushaltsprobleme erheblich verschärft, so dass das Jahr 2013 voraussichtlich mit einem Rekorddefizit von 17 Mio. EUR abschließen wird. Ein Beleg dafür sei auch die wieder gestiegene Arbeitslosigkeit. Mit 11,2 Prozent sei der Abstand bei der Arbeitslosenquote gegenüber anderen Kommunen in Thüringen seit Amtsantritt der OB unverändert hoch. Begrüßt wird die Einsicht der OB, dass in Gera die Senkung der Gewerbesteuer oder die Abschaffung der Bettensteuer nicht machbar seien.
Die Vorlagen für ein Haushaltssicherungskonzept und den Nachtragshaushalt sind auf der Internetseite der SPD Gera nachzulesen.