Auf den vielen hundert Dächern städtischer Gebäude finden Sie keine einzige Solaranlage (so nenne ich sie jetzt vereinfachend statt Photovoltaikanalage). Und das obwohl die Stadt mit Beschluss des Stadtrates 2010 dem Verein Klimabündnis beigetreten ist - Hauptziel: CO2-Einsparung, was ja durch Stromerzeugung mit Hilfe der Sonne gelingt. Und auch trotz des 2016 beschlossenen Klimaschutzkonzeptes der Stadt, in dem Solaranlagen ein zentrales Thema sind, hat die Stadtverwaltung bisher keine Anlage auf´s Dach gebracht.
Richtig schlimm und unakzeptabel wird das dann, wenn Gebäude neu gebaut oder grundhaft saniert werden, wie beim Rutheneum und Ostschule. Dort wurden Solaranlagen nicht einmal geplant geschweige denn gebaut. Das ist ein echter Makel.
Erschreckend sind dazu die Aussagen des Oberbürgermeisters und des Baudezernenten, auf dem Dach der Turnhalle der Ostschule sei das wegen anderer technischer Anlagen nicht möglich oder alternativ: die Dachlast zu erhöhen, hätte hunderttausende Euro gekostet. Das stimmt doch hinten und vorn nicht.
Davon abgesehen wäre es Sache des Stadtrates gewesen darüber zu entscheiden, ob abweichend vom beschlossenen Klimaschutzkonzept keine Solaranlagen dort vorgesehen werden. Diese Entscheidung oblag weder dem Oberbürgermeister, noch dem Baudezernenten und schon gar nicht dem Hochbauamtsleiter, sondern allein dem Stadtrat.
Die Entscheidungshoheit muss bei solchen Angelegenheiten dringend wieder vom Kopf auf die Füße gestellt werden.
Ich frage mich und wir im Stadtrat sollten uns fragen, ob wir diesen Fehler bei Rutheneum und Ostschule nicht frühzeitig hätten erkennen können. Da haben wir eine ähnliche Situation wie bei der Größe der Sporthalle der Ostschule, oder wie bei der Fußgängerbrücke Gleisdreieck – es fehlen Investitionsbeschlüsse mit ordentlicher Beschreibung, dann würden fehlende Solaranlagen auffallen. Stattdessen akzeptiert der Stadtrat oberflächliche Investitionspässe als Anlage zum Haushalt. Vor drei Jahren hat der Bürgermeister zugesagt, dass wir ordentliche Vorlagen für Investitionsbeschlüsse erhalten, bisher ist nichts daraus geworden. Bis dahin halte ich es für denkbar, dass wir im Haushalt Sperrvermerke anbringen, bis ein ordentlicher Investitionsbeschluss vorliegt.
Mein Eindruck ist nicht nur hier, dass der Stadtrat andere Prioritäten setzt, als die Stadtverwaltung. Ich denke da an die Einhaltung von Ordnung und Sauberkeit in der Stadt (im Knochenpark hat die OTEGAU uns gerettet), an die zu schwache Kontrolle und Ahndung von Verstößen, an fehlende Müllkörbe und Fahrradabstellplätze, die lückenhafte Reinigung von Sinkkästen am Straßenrand, – ich glaube, der Stadtrat ist bereit, dafür, wie für die Planung von Solaranlagen nötiges Geld freizumachen – auch deshalb gibt es im Haushaltsausschuss die Diskussionen um die Verwendung von mehr als 8,5 Mio. € überplanmäßigen Einnahmen dieses Jahr.
Da wo Schatten ist, gibt es auch Licht und positive Beispiele: Nur Dank des Klimaschutzmanagers wurden für die Sanierung der Grundschule in Scheubengrobsdorf und einige andere Objekte Fördermittel aus dem KlimaInvestprogramm des Landes für Solaranlagen beantragt und in Aussicht gestellt. Und auch im Campus Lusan ist mindestens eine Solaranlage vorgesehen, hier verlangt das der Fördermittelgeber. Das alles ist gut, reicht aber bei weitem nicht aus.
Sehr geehrte Damen und Herren, bei Solaranlagen geht es nicht nur um Klimaschutz, sondern um eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung. Denn durch Eigenverbrauch kann der Strombedarf gesenkt, es können Einspeiseentgelte oder Pachten eingenommen werden. Die Durchschnittskosten zur Erzeugung einer Kilowattstunde Strom aus einer Solaranlage beträgt 8 Cent. Das war schon vor der Energiekrise in den meisten Fällen ohne Förderung wirtschaftlich, jetzt erst recht.
Die Finanzierung solcher Anlagen gehört zu Recht zu den dabei aufkommenden Fragen, die hier mit Beschlussnummer 2. näher betrachtet werden sollen. Am Nützlichsten sind eigene Investitionen, weil dann auch die Erträge allein der Stadt zugutekommen. Steht kein eigenes Geld für solche Investitionen zur Verfügung, wäre schon die ganzen letzten Jahre eine darauf bezogene Kreditaufnahme der Stadt möglich gewesen, weil rentierlich. Den besten Zeitpunkt dafür, nämlich den von Null-Zinsen haben wir Dank den Herren an der Stadtspitze leider verpasst. Aber es ist auch eine Verpachtung mit Fremdinvestition möglich.
Musterpachtverträge dafür gibt es vom Städtetag schon seit 10 Jahren. Und das sich erst jetzt mit der Geraer Bürgerenergiegenossenschaft jemand gemeldet hat, der einen solchen Pachtvertrag eingehen würde, kann doch nicht als Argument hergenommen werden, dass die Stadtverwaltung ein solches Modell noch nie selbst angeboten hat.
Die Geraer Bürgerenergiegenossenschaft ist da sehr rege und neben mir sind ja auch weitere Stadtratsmitglieder verschiedener Fraktionen dabei, es können gern auch noch mehr werden.
Nicht nur die Stadt selbst hat viele Gebäude mit Dächern (übrigens sind oft auch Fassaden geeignet), auch städtische Gesellschaften und Zweckverbände in denen Gera Mitglied ist, haben viele dafür geeignete Gebäude. Leider hat der Oberbürgermeister bisher das Klimaschutzkonzept der Stadt nie dorthin kommuniziert, geschweige denn, entsprechende Entscheidungen herbeigeführt. Deshalb wird unter Beschlusspunkt 3. nun gefordert, dass auch dort geprüft und nach Möglichkeit Solaranlagen installiert werden, sofern noch nicht erfolgt und wenn Zureden nicht reicht, dann auch mit Beschlussfassung in den dortigen Gremien.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat noch einen ergänzenden Antrag vorgelegt, nachdem die ersten Anlagen mit mindestens 40 kWp bis 2024 installiert sein sollen. Anders, als vom Baudezernenten im Haushaltsausschuss behauptet, sind dafür nicht zwingend eigenen Investitionen der Stadt im Jahr 2023 nötig. Vielmehr wären auch Verpachtungen denkbar. Daher kann die SPD-Fraktion dem Ergänzungsantrag zustimmen.
Sehr geehrte Damen und Herren, in einer der letzten Stadtratssitzungen habe ich die Bauverwaltung wegen des geforderten Straßenzustandsberichtes in Schutz genommen, weil es unmöglich war, diesen vorzulegen, wie erbeten. Hier und heute ist das anders. Ich kann die abwehrende Haltung von Oberbürgermeister und Baudezernent nicht verstehen. Die in den Ausschüssen vorgenommenen Änderungen, dass eine schrittweise Überprüfung erfolgt und Ergebnisse erst im April nächsten Jahres vorgelegt werden sollen, lassen doch der Verwaltung alle nötigen Spielräume. Auch eine Beauftragung eines Dritten mit Fördermitteln ist möglich, dann wird halt über den Zwischenstand informiert. Nur strukturiert und systematisch losgelegt werden muss endlich.
Wichtig ist nicht nur, dass der Stadtrat, die Stadtverwaltung und kommunale Unternehmen und Zweckverbände bei Solaranlagen und dem Klimaschutz vorangehen, sondern auch die Geraerinnen und Geraer - Grundstückseigentümer aber auch Mieter z.B. mit Balkonkraftwerken. Sie alle zu ermuntern wäre auch Aufgabe der Öffentlichkeitsarbeit, wozu ich Sie Herr Oberbürgermeister bitte und auffordere.
Am Ende meiner Rede möchte ich mich bei allen mitzeichnenden und den Unterstützung signalisierenden Fraktionen sowie für die Diskussionen und Abstimmungen in den Ausschüssen herzlich bedanken und bitte um breite Zustimmung zu dem Antrag.
Vorlage unter: https://gera.ratsinfomanagement.net/sdnetrim/UGhVM0hpd2NXNFdFcExjZYKh5FaM4Y_pZz6JnkRhHzhIofHJ-dUCWBeBpSKGPxLs/BESCHLUSS-VORLAGE_91-2022.pdf